Bürgerschaft entscheidet über vier Volksmotionen

Eine Volksmotion bietet den Stimmberechtigten die Möglichkeit, eine Abstimmung über einen Gegenstand zu verlangen, welcher in die Zuständigkeit der Bürgerschaft fällt. Patric Burtscher hat dem Gemeinderat am 5. Juli 2023 sechs Volksmotionen eingereicht, welche der Gemeinderat anschliessend prüfte. Mit dem Erreichen der benötigten 150 Unterschriften sind die Volksmotionen jeweils zustande gekommen. Zwei der sechs Volksmotionen wurden an der Bürgerversammlung vom 28. November 2023 behandelt. Die verbleibenden vier Volksmotionen werden der Bürgerversammlung vom 30. April 2024 unterbreitet.

Volksmotion «Grenzweg»
Die Volksmotion «Grenzweg» bezweckt, den heutigen Grenzweg in «Rund um Flawil»-Weg umzubenennen und um den Abschnitt Burgauerfeld/Eisenhammer oder Oberglatt/Eisenhammer zu ergänzen.

Erste Prüfung und Antrag Gemeinderat: Eine erste Prüfung durch den Gemeinderat hat ergeben, dass bei einer Umsetzung der neuen Routen, beispielsweise entlang der Glatt, zwar weniger bekannte Abschnitte erschlossen würden, jedoch umfangreiche und kostspielige bauliche Massnahmen notwendig wären. Zudem wurden die betroffenen Grundeigentümer und die zuständigen kantonalen Stellen über den Zweck der Volksmotion informiert. Ausser der reformierten Kirchgemeinde Flawil gaben die Grundeigentümer durchwegs negative Rückmeldungen zum Projekt. Insofern stellt sich die Frage, ob eine Realisierung überhaupt möglich wäre. Hinzu kommt, dass sämtliche Routen früher oder später durch den Perimeter der Schutzverordnung Glatt-Wissenbach führen. Bei einer Umbenennung des Grenzweges würden zudem geschätzte Kosten von rund 10'000 Franken entstehen. Diese wären zwar nicht allzu hoch, doch der Grenzweg hat sich unter dem heutigen Namen in Flawil etabliert. Aus diesen Gründen beantragt der Gemeinderat Nichteintreten auf die Volksmotion.

Volksmotion «alter Kirchenweg»
Die Volksmotion «alter Kirchenweg» bezweckt, den alten Kirchenweg in die historischen Wanderwege der Schweiz aufzunehmen und, wenn möglich, den Weg aus dem Mittelalter zusammen mit der Gemeinde Degersheim zu erforschen und bis nach Degersheim zu ergänzen.

Einschätzung Ortsmuseum und Antrag Gemeinderat: In einer Stellungnahme des Präsidenten des Ortsmuseums schätzt dieses die Bedeutung des alten Kirchenwegs als gering ein. Die Schweiz hat viele sogenannte Kirchenwege, da man früher lange Wegstrecken in den Gottesdienst auf sich nahm. Ausserdem pilgerten früher zahlreiche Bürgerinnen und Bürger unter anderem aus Gossau, Niederwil und Degersheim in die Kirche Oberglatt. Insofern müssten, für einen historisch fundierten Weg, auch die Wege nach Gossau oder Niederwil erforscht werden. Der Gemeinderat hält überdies fest, dass aufgrund der geringen Bedeutung des alten Kirchenwegs eine Aufnahme in das Bundesinventar der historischen Verkehrswege keinen Sinn ergeben würde. Ausserdem möchte der Gemeinderat keine personellen und finanziellen Ressourcen für die Erforschung des Weges bis nach Degersheim oder konsequenterweise bis nach Niederwil und Gossau binden, weshalb er Nichteintreten auf die Volksmotion beantragt.

Volksmotion «Feuerwerksverbot»
Die Volksmotion «Feuerwerksverbot» bezweckt, auf dem Gebiet der Gemeinde Flawil das Abbrennen von Feuerwerk und Knallkörpern, mit Ausnahme von stillem Feuerwerk, zu verbieten.

Eidgenössische Volksinitiative und Antrag Gemeinderat: Der Gemeinderat erachtet ein Feuerwerksverbot auf Gemeindeebene als wenig zielführend, da das Abbrennen vergleichsweise einfach auf eine Nachbarsgemeinde verlagert werden kann. Somit wären auch die Lärmbelästigung sowie die Feinstaubemissionen auf Flawiler Gemeindegebiet nach wie vor wahrnehmbar. Darüber hinaus ist auf Bundesebene eine eidgenössische Volksinitiative hängig, welche dieses Thema betrifft. Der Sicherheitsverbund Region Gossau, welcher in diesem Zusammenhang um eine Stellungnahme gebeten wurde, erachtet ein lokales Feuerwerkverbot als nicht notwendig. Auch, da der Gebrauch von Feuerwerk bezüglich Brandgefahr oder Störung von Ruhe und Ordnung in der Vergangenheit zu keinen nennenswerten Problemen führte. Der Gemeinderat beantragt deshalb der Bürgerschaft Nichteintreten auf die Volksmotion.

Volksmotion «Reithalle für Vereinsanlässe»
Die Volksmotion «Reithalle für Vereinsanlässe» bezweckt, die Reithalle so herzurichten, dass die Reithalle wie früher den Vereinen für öffentliche Veranstaltungen zur Verfügung steht.

Alternativen und Antrag Gemeinderat: Jahrelang war die Reithalle eine beliebte Lokalität für Vereinsanlässe und Feste. 2008 wurde der Lindensaal eingeweiht und die Reithalle fortan als fast ausschliessliche Reithalle genutzt. Damit in der Reithalle wieder Feste gefeiert werden dürften, müssten rund 115'000 Franken investiert werden, damit eine Belegung bis maximal 300 Personen möglich wäre. Bei einer maximalen Belegung von 660 Personen würden die Kosten auf 212'000 Franken ansteigen. Darüber hinaus war es jeweils für den Reitclub sehr aufwändig, das Sägemehl nach einem Fest wieder einsatzbereit zu machen, da daraus Scherben, Abfall, Reissnägel und weitere Festrückstände gefiltert werden mussten. Und dies, obwohl für ein Fest der Einbau eines Holzbodens zwingend war und auch heute noch wäre. Da ausserdem mit dem Bau des Kulturhauses am Marktplatz eine weitere Eventlokalität in naher Zukunft zur Verfügung stehen wird, erachtet der Gemeinderat eine solch hohe Investition als nicht sinnvoll und beantragt der Bürgerschaft Nichteintreten auf die Volksmotion.

Detaillierte Stellungnahmen online
Die detaillierten Stellungnahmen und Anträge des Gemeinderates zu den Volksmotionen sind im Geschäftsbericht 2023 enthalten und sind auf der Website der Gemeinde Flawil unter «Aktuelles → Dokumentationen» zu finden.